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LIEBE KINDER, JUGENDLICHE UND ELTERN,
Obwohl wir in einer reichen Gesellschaft leben, nicht hungern müssen,
im
allgemeinen keinen Vitaminmangel haben und über die Gefahren des
Zuckergebrauchs durch alle Medien, Ärzte und Zahnärzte voll
aufgeklärt
sind, haben wir gerade auch bei Kindern und Jugendlichen eine nicht
hinnehmbare Karieshäufigkeit. Wie kommt das? Die Hauptursache dafür ist nach meiner Meinung der extreme Druck der
Süßigkeitenindustrie, die vor allem durch gezielte Medienkampagnen uns weichkocht und die Weichen in eine bestimmte
Richtung stellt. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Nach
meiner
Erfahrung sind nicht wenige Eltern zu
nachlässig,
was die Zahnpflege betrifft. Ich weiß nicht, ob das aus Desinteresse,
fehlendem Wissen oder Bequemlichkeit passiert.
Weil zu viele Kinder und Jugendliche durch den Einfluß der Werbung zu
viel
Süßigkeiten zu sich nehmen und häufig eine sorgfältige Zahnpflege
durch die
Eltern nicht gewährleistet ist, ist eine Fluoreinnahme nach
vorheriger
Beratung durch den Zahnarzt oder Kinderarzt zu überlegen.
Liebe Eltern, bis zum zweiten Geburtstag sollten Ihre Kinder unbedingt Vitamin D
und
Fluor in den von Ihrem Kinder-und Jugendarzt genannten
Konzentrationen
einnehmen. Nebenwirkungen durch diese Therapie sind nicht bekannt. Ein
Tip:
Wenn Ihr Kind zu früh geboren wurde, sollten Sie mehr Vitamin D (1000
statt
500 Einheiten) geben, weil es einen Wachstumsnachholbedarf hat und
mehr
Vitamin D braucht. Vitamin D ist in unserer sonnenarmen Region
zusätzlich
zur Nahrung notwendig, um einer Rachitis (Vitamin-D-Mangelkrankheit)
vorzubeugen, die bis zum Ende des 2.Lebensjahres auftreten kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, die
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und die
Deutsche
Gesellschaft für Ernährung haben erst kürzlich aktualisierte
Empfehlungen
für die tägliche Fluorideinnahme herausgegeben
(Tabelle 1).
Diese neue Empfehlung für die systemische Verabreichung sieht wie folgt aus: | Alter | Fluorkonzentration des Trinkwassers | bis 0,3 mg | 0,3 - 0,7 mg | über 0,7 mg | 1., 2. und 3. Jahr | 0.25 mg | -- | -- | 4., 5. und 6. Jahr; | 0,5 mg | 0,25 | -- | ab 7. Jahr | 1 mg | 0,5 mg | -- |
Tabelle 1
Achten Sie bitte darauf,
daß bei Ihrem Kind nur die Einnahme einer Fluoridierungsmaßnahme wie
z.B.
Fluoridtabletten oder fluoridiertes Speisesalz erfolgt, -
daß unter 3 Jahren keine fluoridierte Zahnpasta verwendet wird,
- daß zwischen dem 3. und 6. Jahr nur fluoridierte Kinderzahnpasta
benutzt
wird,
- daß Ihr Kind möglichst keine Zahnpasta schluckt,
- daß Sie Ihren Kinder- oder Zahnarzt , falls Sie fluoridiertes
Mineral- oder
Trinkwasser verwenden, über den Fluoridgehalt des Wassers
informieren,
sodaß er die passende Fluor-Tablettenstärke verordnen kann (siehe
Tabelle 1).
In Deutschland ist das Trinkwasser nicht wie in vielen anderen
Ländern
fluoridiert. Bei sachgemäßer Einnahme ohne Überdosierung sind keine
Nebenwirkungen durch Fluor bisher beschrieben, obwohl es seit
mehreren
Jahrzehnten millionenfach eingenommen wurde.
Empfehlung: In den ersten beiden Lebensjahren sollte Fluor zusammen
mit Vitamin D eingenommen werden. Danach ist die Gabe von Fluortabletten nur
dann angezeigt, wenn keine gesunde Ernährung und sörgfältige Zahnpflege
gewährleistet ist, was nicht selten der Fall sein dürfte. In jedem
Fall ist eine Fluor-Überdosierung strikt zu vermeiden.
Wie ist ein Zahn aufgebaut? Ein Zahn besteht aus dem Zahnschmelz,
Zahnbein
(Dentin), dem Zahnmark (Pulpa) und dem Zement (Abbildung 1).
Wann findet der Zahndurchbruch statt? Die Reihenfolge der einzelnen
Zähne
beim Durchbrechen bleibt weitgehend konstant. Dagegen ist der
Zeitpunkt des
Zahndurchbruches sehr variabel. Die ersten Zähne des Milchgebisses
können
bei gesunden Kindern bereits mit 4 Monaten oder aber erst mit 14
Monaten
durchbrechen. In Abbildung 2 ist das Milchgebiß und das Dauergebiß
dargestellt.
Dr. med. Michael Riechert.
Schöne Zähne machen stark und selbstbewußt
Kinder- und Jugendzahnheilkunde - der Grundstein für ein Leben mit gesunden Zähnen
Wie bleibt Ihr Kind kariesfrei?
Karies ist eine nahezu hundertprozentig vermeidbare Erkrankung. Wenn Sie
verstanden haben, daß Karies eine Infektionskrankheit ist und Karies ohne
Plaque(Zahnbelag) nicht entstehen kann, ist der Aufwand nicht extrem groß,
die Zähne Ihrer Kinder gesund zu erhalten.
Es gilt die Formel: Bakterieller Plaque(Zahnbelag) + Zucker = Karies
Was können Sie als Eltern vorbeugend tun, damit Ihr Kind kariesfrei bleibt.
In 80 % der Fälle infiziert die Mutter das Kind mit den Karieserregern
Streptococcus mutans und Lactobazillus. Dies geschieht bereits in dem
Moment, in dem die Mutter den Schnuller ihres Kindes in den Mund nimmt oder
vom gleichen Löffel ißt. Deshalb ist es am besten, wenn schon während der
Schwangerschaft ein gezieltes Vorbeugungsprogramm (Prävention) mit dem
Zahnarzt/ärztin besprochen wird. Achten Sie auf professionelle
Zahnreinigung ,die Behandlung von kariösen Defekten und lassen Sie den
Karieserreger im Speichel bestimmen, worauf eine gezielte antibakterielle
Therapie folgen sollte. Verzichten Sie bereits während der Schwangerschaft
auf Süßigkeiten. Es ist bewiesen, daß hoher Süßigkeitskonsum bereits den
Embryo auf Süßes vorprogrammiert. Verbessern Sie Ihre Mundhygiene. Nach der Geburt des Kindes und in den ersten Lebensmonaten gibt es zwei
Dinge, die Sie als Eltern zugunsten der Zahnentwicklung ihres Kindes tun
sollten:
1. Verwenden Sie einen anatomisch geformten Schnuller und Flaschensauger
2. Verhindern Sie eine Geschmacksorientierung, bzw. konditionierung auf
süße Speisen durch zuckerarme Ernähung
Mit der Mundhygiene sollten Sie bereits beginnen, wenn die ersten Zähnchen
durchbrechen. Putzen Sie dem Kind spielerisch und ohne Zwang die Zähne.
Machen Sie eine lustige Zahnputzsitzung daraus und gewöhnen Sie Ihr Kind an
die Regelmäßigkeit des Putzens. Schränken Sie den Zuckerkonsum ein ,wo es
nur geht ein. Zucker schadet nicht nur den Zähnen ,sondern dem gesamten
Körper(Vitaminräuber!). Achten Sie darauf, daß nach dem Verzehr von Zucker
dieser nicht stundenlang auf die Zähne einwirken kann. Denken Sie an
versteckten Zucker in Limonaden, Obstsäften und Ketchup. Bieten Sie am
besten nur Wasser oder ungezuckerte Tees an. Gewöhnen Sie Ihr Kind durch
regelmäßige Besuche auch ohne Beschwerden an die Atmosphäre beim
Zahnarzt.
Ab dem dritten Lebensjahr ist eine umfassende Prophylaxebehandlung möglich.
Diese besteht aus der häuslichen Mundhygiene mit kindgerechter Zahnbürste,
Kinderzahnpasta (bis zum Alter von 6 Jahren) und der gelegentlichen
Verwendung von Zahnseide. Sorgen Sie dafür, daß Ihr Kind vor dem
Schlafengehen plaquefreie Zähne hat. Gehen Sie mindestens zweimal im Jahr
zum Zahnarzt. Der Zahnarzt/Ärztin und seine Fachkraft für vorbeugende
Zahnbehandlung werden alle Möglichkeiten zur Gesunderhaltung der Zähne
Ihres Kindes mit Ihnen besprechen und ausführen. Achten Sie außerdem auf
gesunde und zuckerarme Ernährung. Lassen Sie Ihr Kind ein bis drei Mal
täglich etwa 10 Minuten xylitolhaltige Kaugummis kauen. Ein zu langes Kauen
belastet und schädigt die Kiefergelenke. Kauen stimuliert den Speichelfluß
und Xylitol wirkt aktiv gegen Kariesbakterien.
Ab dem 6.Lebensjahr kommen die bleibenden Zähne. Ein kariesfreies
Milchgebiß ist die Ausgangsbasis für dauerhaft gesunde Zähne.Im Prinzip
können ab diesem Alter die Vorbeugemaßnahmen beibehalten werden. Die
wichtigsten Maßnahmen für eine erfolgreiche Vorbeugung sind Mundhygiene,
gesunde, zuckerarme Ernährung und professionelle zahnärztliche Prophylaxe.
Der Zahnarzt sorgt für eine professionelle Zahnreinigung, kontrolliert das
richtige Zähneputzen, wendet Hilfsmittel, wie z.B. Zahnseide an, versiegelt
Fissuren, verordnet Fluoride, führt eine Speicheldiagnostik durch und
empfiehlt z.B. Chlorhexidinkuren. Kontrollieren Sie regelmäßig die
Effektivität des Zähneputzens bei Ihrem Kind.Es ist zu berücksichtigen, daß
ein Wechselgebiß sehr schwer zu reinigen ist und deshalb unbedingt
nachgeputzt werden muß.Klären Sie mit ihrem Zahnarzt ab, ob Ihr Kind eine
kieferorthopädische Regulierung (Spange) braucht. Eine Spange ist nicht nur
für schöne Zähne entscheidend, sondern dient in erster Linie der richtigen
Funktion der Zähne und trägt damit zur langfristigen Zahnerhaltung bei.
Während einer kieferorthopädischen (KFO) Behandlung sind sorgfältige
Mundhygiene und professionelle Betreuung besonders wichtig.
Wenn Ihr Kind bereits Karies hat und eine Zahnfüllung notwendig ist, fragen
Sie Ihren Zahnarzt nach den verschiedenen Füllungsmaterialien. Vorzuziehen
sind bei Milchzähnen biokompatible inerte Zemente (Zhanelka,
Translitzement) oder Komposite (Kunststoffe). Stark zerstörte Milchzähnen
können mit konfektionierten Kronen wiederhergestellt werden. Bei bleibenden
Zähnen bieten sich Übergangsfüllungen aus inertem Zement an, die später
gegen Goldgußfüllungen ausgetauscht werden können. Weiterhin können
Goldhämmerfüllungen, Füllungen aus Kunststoff (Komposite/Kompomere) oder
Keramik verwendet werden.
Eine generelle Fluorprophylaxe wird von Fachleuten unterschiedlich
beurteilt. Zur lokalen (örtlichen) Anwendung gibt es Fluorverbindungen in
Zahncremes, Fluorgelen mit einer etwa 10-fach höheren Fluorkonzentration,
Mundspüllösungen und Lacken. Die Fluoraufnahme durch den Mund erfolgt mit
dem Trinkwasser, wie z.B. in der Schweiz, mit der Milch, dem Brot,
Speisesalz und Fluortabletten.
Fluor wirkt einerseits auf die Zahnhartsubstanz und andererseits auf die
Zahnumgebung. Fluor vermindert den Zahnbelag und schützt damit vor Karies.
Fluorwirkungen auf die Zahnhartsubstanz sind wissenschaftlich nicht
eindeutig belegt. Bei Fluorüberdosierung sind Dentalfluorose
(Zahnschmelzverfärbungen) und die Ausbildung von extrem schmalen Kiefern
beschrieben worden. Es gibt Hinweise dafür, daß durch Fluoreinnahme
Krankheiten, wie Osteoporose, Osteosklerose und Arteriosklerose auftreten
können. Im Tierversuch wurde ein vermehrtes Auftreten von Lippen-, Kiefer-
und Gaumenspalten durch zu hohe Fluorgaben nachgewiesen.
Herzmuskelschädigungen im Zusammenhang mit zu hohen Fluorgaben wurden
ebenfalls als möglich angesehen. Meiner Meinung nach ist eine gute
Mundhygiene mit zahnmedizinischer Betreuung und zuckerarmer Ernährung als
wirkungsvolle Kariesprophylaxe ausreichend. Diese Maßnahmen sind ohne
Nebenwirkungen. Während der Wachstumsphase kann Aufbaukalk verabreicht
werden.
Ich wünsche allen Eltern viel Erfolg bei der Gesunderhaltung der Zähne
ihrer Kinder.
Harald Fahrenholz Zahnarzt
Literatur: Mein Kind bleibt kariesfrei, Dr.med. dent. Bockelbrink, API-Verlag,
München Prophylaxe - Der Weg zu gesunden Zähnen, Dr.med. dent.Tschackerl, Verlag: Dentales Schulungszentrum
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